Die Tierindustrie ist gigantisch. Die Zahl der leidenden und getöteten Tiere ist unvorstellbar. Es ist leicht zu denken, dass wir nichts ändern können. Aber all die Gewalt und Zerstörung kann nur stattfinden, wenn viele Menschen sie unterstützen und tragen. Das hat einmal mit dem Konsum zu tun – Tierprodukte werden erzeugt, um verkauft zu werden. Immer mehr Leute boykottieren daher die Tierindustrie, indem sie vegan leben. Möglicherweise ein Vorsatz für’s neue Jahr?
Anders konsumieren ist aber nicht das Einzige, was wir tun können. Die Tierindustrie kann nur so lange weiter bestehen, wie genug Menschen sie tolerieren und stumm bleiben, obwohl sie die Möglichkeit hätten, etwas zu unternehmen.
Wir träumen von einer Gesellschaft, in der mehr Menschen aufstehen gegen Ungerechtigkeit. Es gibt so viele Möglichkeiten! Schon zu zweit, zu viert oder zu sechst könnt ihr kleine Aktionen auf die Beine stellen. Damit wird die Tierindustrie nicht abgeschafft. Aber mit jedem kleinen Nadelstich wird es schwerer für die Konzerne und diejenigen, die ihnen zuarbeiten, einfach weiterzumachen wie bisher. Mit jeder kleinen Aktion streuen wir etwas Sand ins Getriebe der Ausbeutung. Gemeinsam können wir die ganze Maschine zum Stillstand bringen!
Unsere Gruppe Tierfabriken-Widerstand besteht nur aus 5-7 Menschen. Wir engagieren uns ehrenamtlich und nur nebenbei, während wir studieren oder arbeiten. Unser Rückblick auf das Jahr 2017 soll veranschaulichen, was auch eine kleine Gruppe Menschen auf die Beine stellen kann.
Es gibt mindestens hunderttausende Menschen, die genauso empört sind wie wir über den Umgang mit Tieren, die Ausbeutung der Arbeiter*innen, die Zerstörung der Natur, für die die Tierindustrie verantwortlich ist. Stellt euch vor, wie es wäre, wenn alle sich in kleinen oder größeren Gruppen zusammen tun und aktiv werden. Wie sähe die Welt in ein paar Monaten aus? Ganz anders als heute, davon sind wir überzeugt!
Könnte 2018 das Jahr einer neuen Graswurzel-Tierrechtsbewegung werden? Das ist unser Wunsch für’s neue Jahr. Seid ihr dabei?
Unser Jahresrückblick
Gegen Wiesenhof in Königs Wusterhausen
Im Herbst und Winter 2016 hatten wir mit mehreren Aktionen und Veranstaltungen auf die geplante Erweiterung des Wiesenhof-Schlachthofs in Königs Wusterhausen bei Berlin hingewiesen, zum Schreiben von Einwendungen aufgerufen und auch selber welche eingereicht. Bei einer von uns organisierten „Protestwerkstatt“ bildete sich die Bürgerinitiative „KW stinkt’s“, die seitdem mit beeindruckendem Engagement gegen die Schlachthof-Erweiterung kämpft und für große Öffentlichkeit für die illegalen Machenschaften von Wiesenhof gesorgt hat.
Im Januar 2017 wird der erste kleine Erfolg errungen: Wegen eines Formfehlers werden die Akten neu ausgelegt und so das Genehmigungsverfahren verlängert.
Am 24. Februar veranstaltet die Bürgerinitiative eine Info-Veranstaltung, bei der wir über das Leid der Tiere in der Geflügelindustrie referieren.
Am 20. März blockieren Aktivist*innen aus verschiedenen Gruppen mehrere Stunden die Zufahrten zum Schlachthof. Fernsehen und Presse berichten, mehrere Mitglieder der Bürgerinitiative unterstützen vor Ort. Die Blockade gibt dem Protest gegen die Schlachthof-Erweiterung einen wichtigen Schub.
Am 30. März findet die Erörterung zu dem Genehmigungsantrag statt (ein Bestandteil der Öffentlichkeitsbeteiligung im immissionsschutz-rechtlichen Genehmigungsverfahren). Begleitet von einem riesigen Polizei-Aufgebot demonstrieren wir zusammen mit der Bürgerintitiative „KW stinkt’s“ vor der Erörterung des Genehmigungsantrags für die Schlachthof-Erweiterung. Die Erörterung macht klar, dass die Bedenken von Anwohner*innen und Tierhaltungskritiker*innen nicht ernst genommen werden und vieles nicht mit rechten Dingen zugeht. Später stellt sich zudem heraus, dass mehrere Menschen klar gelogen haben, denn Wiesenhof hat schon zuvor die Schlachtzahlen erweitert, wofür jetzt erst die Genehmigung diskutiert wird.
Die Bürgerinitiative KW Stinkt’s verfolgt das ganze Jahr über das Genehmigungsverfahren und nutzt jede Gelegenheit, auf Fehlinformationen und Rechtsbrüche durch Wiesenhof hinzuweisen und die Genehmigung zu erschweren.
Das Genehmigungsverfahren ist zur Zeit noch immer nicht abgeschlossen gund wir planen neue Aktionen für 2018.
Gegen neue Hühnermastanlagen im Oderbruch
Die Firma ODEGA will mehrere neue Anlagen im Oderbruch im Osten von Brandenburg bauen. Sie behaupten, Hühner nach „FairMast“-Prinzipien mästen zu wollen. Die Bedingungen sind minimal anders als die konventionellen Vorschriften. Auch Einzelunternehmer wie Tobias Winnige wollen im Oderbruch neue Anlagen bauen.
Am 7. Februar fahren wir zu viert zum Erörterungstermin in Golzow für eine Anlage für knapp 74.000 Hühner, die im benachbarten Sachsendorf geplant ist. Mit unseren Mini-Demo erzielen wir ein bemerkenswertes Presse-Echo: nicht nur der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und die Märkische Oderzeitung sind da, sondern auch die Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die Anlage ist mittlerweile genehmigt. Weitere Anlagen desselben Antragstellers erfahren jedoch verstärkt Widerstand.
Am 16. Februar organisieren wir eine Diskussionsveranstaltung in Golzow. Mit Flyern haben wir die Anwohner*innen eingeladen. Eine ehemalige Milchkuhanlage soll zur Mastanlage für über 72.000 Hühner umgebaut werden. Wir informieren über die Pläne und diskutieren mit dem Bürgermeister, mehreren Landwirten der Region und Kritiker*innen der Anlagenpläne. Bislang ist unseres Wissens kein Genehmigungsantrag für die Anlage gestellt worden.
Auch in Neuhardenberg im Oderbruch soll eine neue Hühnermastanlage gebaut werden. Tobias Winnige, der bereits Anlagen für 324.000 Tiere betreibt, will noch Ställe für 156.000 weitere Hühner bauen. In solchen Ställen werden pro Jahr etwa sieben Mal neue Hühner eingestallt, weil die Mast nur wenige Wochen dauert. Winnige mästet pro Jahr also jetzt schon über 2,2 Millionen Tiere, es sollen über 1 Million dazukommen. Am 14. November organisieren wir eine Diskussionsveranstaltung zu der geplanten Anlage. Es wird kontrovers debattiert, auch viele Landwirte sind da. Einzelne Menschen zeigen Interesse, sich zu engagieren. Gemeinsam mit ihnen werden wir 2018 versuchen, die neue Anlage zu stoppen.
Der Tierindustrie und ihren Unterstützer*innen auf die Füße treten
Wir richten unseren Protest nicht nur konkret gegen die Mastanlagen und Schlachthöfe. Die Tierindustrie ist ein Riesenapparat, der von zahlreichen Akteur*innen und Institutionen abhängig ist – Behörden genehmigen Anlagen, Anwaltskanzleien verteidigen Investor*innen, Branchenverbände betreiben Öffentlichkeitsarbeit etc. pp. Wir wollen dieses ganze Geflecht adressieren, bei der Lobbyarbeit der Industrie Sand ins Getriebe streuen und ihre Unterstützer*innen zum Umdenken bewegen.
Am 28. April stören mehrere Aktivist*innen die Informationsveranstaltung „Umweltverträgliche Landwirtschaft“ im Holiday Inn in Berlin Schönefeld. Diese Tagung informiert TierhaltungsbetreiberInnen über relevante rechtliche Entwicklungen. Die Referent*innen Dr. Hentschke und Prof. Versteyl vertreten als Anwält*innen unter anderem die Interessen von Wiesenhof und Schweinezüchter Straathof.
Am 30. Mai besuchen wir den „Zukunftsdialog Agrar und Ernährung“, mitorganisiert von der ZEIT. Während der Diskussionsrunde mit Bundestagsabgeordneten und Schweinezüchter Röring halten wir Bilder aus seinen Ställen hoch.
Am 1. Juli startet unsere Kampagne „Helmar Hör auf!“. Die Unternehmen der Tierindustrie sind darauf angewiesen, von kompetenten und loyalen Anwält*innen vertreten zu werden. Einer davon ist Helmar Hentschke, der zahlreiche Genehmigungsverfahren für neue Anlagen u.a. in Brandenburg durchboxt. Mit unserer Kampagne wollen wir Herrn Hentschke, stellvertretend für viele weitere Anwält*innen, Architekt*innen und Ingenieur*innen, sagen: «Hör auf! Eine Landwirtschaft ohne Tierausbeutung ist möglich. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung: Dein Wechsel in ein anderes Berufsfeld oder auf die Seite der Verbände, die gegen Tierfabriken klagen.»
Wir versuchen zu verschiedenen Gelegenheiten mit Hentschke ins Gespräch zu kommen – wir verteilen zum Beispiel Flyer bei Wettkämpfen des Potsdamer Judo-Clubs am 1. Juli und am 30. September, weil Hentschke dort Präsident ist, um die Mitglieder zu informieren.
Am 11. September demonstrieren wir vor einer Lobby-Veranstaltung in Berlin, wo eine Tagung zur Genehmigung von Tieranlagen stattfindet. Unsere Kritik: Behördenangestellte werden hier einseitig von Lobbyvertreter*innen beraten, die ein Interesse an der reibungslosen Genehmigung neuer und immer größerer Tierfabriken haben.
Am 17. Oktober machen wir eine kleine Demo vor der Bauernverbands-Veranstaltung „Berliner Forum“ vor dem Haus des Bauernverbands in Berlin. Wir hören uns auch drinnen die Vorträge an und diskutieren mit einem Schweinehalter.
Der „Aufstand gegen Massentierhaltung“ von Brandenburger Bürgerinitiativen
Im Frühjahr 2017 tun wir uns mit Aktivist*innen aus mehreren Brandenburger Bürgerinitiativen zusammen, um den Widerstand von unten neu zu beleben. Das erfolgreiche Volksbegehren gegen Massentierhaltung droht durch den laschen Kompromiss, der mit der Landesregierung geschlossen wurde, völlig zu versanden. Wir wollen die politische Stimmung verändern und dafür sorgen, dass die Regierung in ihrem Kurs – Tierfabriken fördern, und zugleich von Tierschutz palavern – gestört wird.
Am 15. und 16. Juli finden die ersten Aktionen statt: eine kleine Mahnwache mit anschaulichen Sauen-Kastenständen in Potsdam, am nächsten Tag dann ein Protestkonzert mit 100 Teilnehmenden und verschiedensten schrägen Instrumenten. Die Medien berichten, Agrarminister Vogelsänger reagiert mit einer eigenen Presseerklärung.
Am 9. September demonstrieren wir mit dem Aufstands-Banner bei der Wir-haben-es-satt-Demo gegen Wiesenhof in Königs Wusterhausen.
Am 15. Dezember versuchen wir vor dem Landtag in Potsdam, Landwirtschaftsminister Vogelsänger die „Rosa Brille 2017“ zu verleihen. Anlass ist die Übergabe des Tierschutzplanes, der von seinem Ministerium in Auftrag gegeben wurde und ein Teil des Kompromisses zum Volksbegehren ist. Tatsächlich ist der Plan bloß heiße Luft, für die Tiere ändert sich effektiv nichts. Ohne unsere Aktion wäre nur positiv über den Plan berichtet worden. Jetzt sind auch skeptische Stimmen und die Forderung nach einer grundlegenden Agrarwende hörbar geworden.
Wir sind davon überzeugt, dass selbstorganisierte kreative Aktionen viel bewirken können! Wir werden es auch 2018 der Tierindustrie so schwer wie möglich machen, ihr brutales Geschäft fortzusetzen. Um mehr zu erreichen, muss unsere Bewegung unbedingt größer werden! In diesem Sinne: Bildet Banden!