„Mir macht die Arbeit mit den Tieren richtig Spaß!“ – Diskussion zur geplanten Hühnermast in Neuhardenberg

Wirklich zufrieden mit der gegenwärtigen Tierhaltung war eigentlich niemand – auch die gestern anwesenden Tierhalter nicht. Eigentlich wollen alle nur das Beste für „ihre“ Tiere. Trotzdem halten sie unbeirrt am jetzigen System der Tierproduktion fest. Schuld sind die Verbraucher_innen, der Markt, der nach billigem Hühnerfleisch verlangt und die Konkurrenz aus dem Ausland, die sofort den deutschen Markt überrennen würde. Ein individueller Ausstieg aus diesem System ist unvorstellbar. Dass die Tierhaltung einer der Hauptverursacher des Klimawandels ist, und im Vergleich zu den anderen Verursachern noch weiter wachsen soll, wir schon jetzt unser Grundwasser mit Nitrat verseuchen und die Fleischproduktion natürliche Ressourcen sinnlos verbraucht – bei manchen der Anwesenden ist der Rechtfertigungsdruck (und sind die Zweifel daran, dass sie selbst etwas verändern könnten) so groß, dass sie selbst diese Fakten in Frage stellen.1

Rund 40 Anwohnerinnen und Anwohner sind gestern zu unserer Diskussionsveranstaltung über die geplante Hühnermast ins Sportlerheim in Neuhardenberg gekommen. Darunter viele Befürworter der Anlage (einige selbst Tierhalter und Landwirte) und Tobias Winnige, der Bauherr. Aber auch Vertreterinnen der Bürgerinitiative Reichenow und Müncheberg sowie Jens-Martin Rode von der Kampagne „Stoppt den Megastall“ waren anwesend.

Friederike Schmitz von Tierfabriken-Widerstand hat in einem kurzen Vortrag die Bedingungen erläutert, denen Hühner in konventionellen Ställen, wie dem geplanten, ausgesetzt sind: bis zu 26 Hühner auf einem Quadratmeter, Fußballenentzündungen, Beinprobleme, Herz-Kreislauferkrankungen und ein früher Tod um nur einige Details zu nennen. 156.000 Hühner will Winnige vor Ort innerhalb von 35 Tagen bis auf ihr Schlachtgewicht mästen. Gestank, erhöhter Verkehr durch den Ort, eventuell Lärmbelästigungen – das wird auf die Bewohner_innen Neuhardenbergs zukommen. Was nicht auf Neuhardenberg zukommt sind dagegen neue Arbeitsplätze, die häufig als pro-Argument für so eine Anlage herangeführt werden.

Nach dem Vortrag von Frau Schmitz hatte Tobias Winnige Raum, Fragen der Anwesenden zu beantworten. Ein halber Arbeitsplatz wird entstehen. Durch teilweise eigene Futtermittel soll Geld gespart werden, mit dem dann eine Fußbodenheizung für die Ställe gekauft werden könnte. Um das Leben der Hühner ein bisschen zu verbessern. Wenn der Markt es nachfragt, würden auch Tiere nach dem Tierwohl-Richtlinien „produziert“. Da gibt es dann unter anderem minimal mehr Platz pro Tier.

Finanziell sei er nicht auf die neue Anlage angewiesen sagt Winnige, ihm mache aber die „Arbeit mit den Tieren richtig Spaß“. Eine Aussage, die bei Kritiker_innen der industriellen Mast auf wenig Verständnis stieß. Herr Winnige mag „seine“ Tiere und ist traurig um jedes, das frühzeitig während der Mast stirbt (ca. 12.000 pro Mastdurchgang). Dennoch bereitet es ihm keine (moralischen) Probleme, die Hühner und Hähne, noch immer im Kindesalter, zur Schlachterei und in den Tod zu schicken. Ein Sinneswandel, dass jedes einzelne Huhn, jeder einzelne Hahn ein Individuum ist, welches nach einem guten Leben strebt und nicht getötet werden möchte, war noch nicht abzusehen. Unmöglich scheint er jedoch nicht.

In einer hitzigen Debatte wurden Argumente und Gegenargumente ausgetauscht, sich der Lügen bezichtigt, alle Anwesenden aber auch darüber informiert, dass den Anwohner_innen gesetzlich die Möglichkeit gegeben wird, sich gegen die geplante Anlage zur Wehr zu setzen. Wir hoffen, dass wir einen ersten Anstoß dazu geben konnten, dass Menschen vor Ort gegen die Anlage aktiv werden. Sollten Sie dazu gehören, schreiben Sie uns! Wir unterstützen gerne und vernetzen Sie.

  1. Nachtrag vom 16.11.2017: Auf seiner Homepage leugnet der Bauernverband im „Faktencheck Landwirtschaft“ tatsächlich noch immer jegliche negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf Klima, Umwelt, Tier und Mensch. Es muss schon sehr schwierig sein, allen anderslautenden Aussagen aus dem Weg zu gehen, aber unmöglich ist es wohl nicht.

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