Überzeugende Argumente und breite Entschlossenheit in Niederlehme

Am Freitagabend, den 24. Februar, fand eine Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative (BI) „Königs Wusterhausen stinkt’s“ zu den Erweiterungsplänen des Wiesenhof-Konzerns im Vereinsheim der SGN in Niederlehme statt. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse. Schnell war der Saal voll, zusätzliche Bänke mussten geholt werden für die etwa 40 interessierten Bürgerinnen und Bürger.

Der Antragsteller, die Märkische Geflügelhof-Spezialitäten als Teil des Wiesenhof-Konzerns, will die Schlachtleistung von 190 Tonnen Lebendgewicht pro Tag auf 352 Tonnen pro Tag erhöhen. Wegen formaler und inhaltlicher Fehler mussten die Unterlagen für die Erweiterung des Schlachthofs bei Königs Wusterhausen nochmal neu öffentlich ausgelegt werden. Das ist auch ein Erfolg des breiten Protests aus Bürgerinitiative, Naturschutzverbänden und Tierfabriken-Widerstand, denn auf die Fehler wurde in Einwendungen hingewiesen. Bis zum 6. März können Gründe beim Landesamt für Umwelt vorgebracht werden, warum die Erweiterung nicht zu genehmigen ist. Über die inhaltlichen Bedenken sowie Möglichkeiten des Protests wurde im Rahmen der Informationsveranstaltung diskutiert.

Katastrophale lokale Umweltauswirkungen

Zunächst informierte Herr Nitzsche als direkter Anwohner über seine Motivation sich im Rahmen der Bürgerinitiative gegen die Wiesenhof-Pläne zu engagieren. Besonders eindringlich beschrieb er die Havarie im Jahr 2012. Von dieser konnte er sich persönlich bei einem damaligen Waldbesuch und den entdeckten drei austretenden Schlachthofabwasserlachen ein Bild machen. Seine anschauliche Fotodokumentation dessen zeigte er den Anwesenden. Weiterhin sorgten seine Satellitenaufnahmen des deutlich zerstörten Waldes vor und nach der Havarie für großes Entsetzen. Dies konnte nur noch durch die Ignoranz von Seiten der eigentlich verantwortlichen Behörden in Folge der Havarie getoppt werden.

Ein wechselseitiges Zusammentragen der umweltzerstörerischen Wirkungen der Schlachtanlage zwischen den Aktiven der Bürgerinitiative und den interessierten BürgerInnen fand immer wieder statt. Die Argumente und erdrückenden Beweise hätten wohl bis in die tiefe Nacht für Gesprächsstoff gesorgt. Gestank, Lärm, Keime, etc. wurden immer wieder genannt.

Ein am Abend dominierendes Thema waren die Belastung des Grundwassers durch die Wiesenhof-Anlage und Konsequenzen im Falle einer weiteren Kapazitätserhöhung. Die Entnahme von über eine Million Liter Grundwasser pro Tag durch die Schlachtanlage und die Einleitung entsprechend hoher Mengen an Abwasser in die Kanalisation belasten den lokalen Wasserhaushalt in der Region Königs Wusterhausen enorm. Die breite lokale Bevölkerung hat die negativen Auswirkungen des sinkenden Grundwasserpegels sowie der hohen Kosten der Wasserklärung durch eine Umlage der Kosten auf die Bevölkerung zu tragen. Herr Möllmann vom NABU Brandenburg präzisierte die negativen Effekte auf die regionalen Wasserressourcen anhand sogenannter ökotoxikologischer Risiken. So gelangen durch den Betrieb der Schlachtanlage an sich und verstärkt durch eine mögliche Erweiterung Gefahrenmittel ungefiltert in die lokalen Oberflächengewässer. Dazu zählen beispielsweise Medikamente, Desinfektionsmittel oder Schädlingsbekämpfungsmittel. Eine entsprechend aufwendige Filterung der Stoffe im Abwasser kann nicht gewährleistet werden. Diese notwendige Filterung wäre nur unter technisch enormen Aufwand zu realisieren. Falls umgesetzt, jedoch bisher nicht vorgesehen, würden die Kosten für die Wasserversorgung in und um Königs Wusterhausen deutlich steigen und per Beitragsumlage von der Bevölkerung getragen werden.

Katastrophale regionale Umweltauswirkungen

Im Falle einer Erweiterung der Wiesenhof-Schlachtanlage in Königs Wusterhausen würden jedoch auch Umweltauswirkungen in vielen weiteren Gebieten von Brandenburg spürbar werden. Der angereiste Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Brandenburger Landtag Herr Raschke betonte in seinem Beitrag, dass eine Erweiterung des Schlachthofs automatisch und zwangsläufig mit vielen weiteren Geflügelmastanlagen in ganz Brandenburg einhergehen würde. Der breite Widerstand gegen die Massentierhaltung, ausgedrückt in über 100.000 gesammelte Unterschriften für das Volksbegehren gegen Massentierhaltung, war zunächst ein sehr positives Signal. Dies übersetzt sich nun aber kaum in wirkungsvolle Maßnahmen. So ist beispielsweise bis heute kein/e Tierschutzbeauftragte/r im Amt, ein Verbandsklagerecht wird nicht kommen und der Tierschutzplan ist auch wirkungslos. Daher können nur Bürgerinnen und Bürger vor Ort durch ein Stoppen der Wiesenhof-Pläne einen aktiven Beitrag zur Realisierung der Forderungen der Brandenburger Bevölkerung leisten.

Situation der Tiere

In ihrem Vortrag sensibilisierte Friederike Schmitz die Anwesenden für die nicht hinzunehmenden Leiden der Tiere in der Geflügelmast sowie im anschließenden Tötungsprozess. „Masthühner“ leben in den modernen Mastanlagen zu Zehntausenden in einer Halle. Sie werden als Küken aus der Brüterei in die Anlage gebracht und erreichen dort innerhalb von knapp fünf bis sechs Wochen ihr Schlachtgewicht. Pro Quadratmeter drängen sich über 20 Tiere. Die Hühner können nicht ungestört ruhen, ihren arttypischen Verhaltensweisen wie der Nahrungssuche oder dem Staubbaden nicht nachgehen, geschweige denn angemessen miteinander agieren und soziale Beziehungen pflegen. Gesäubert wird der Stall nur zwischen den Mastperioden, so dass die Hühner in ihren eigenen Exkrementen stehen. Fußkrankheiten sind die Regel; andere durch Turbomast und Enge verursachte Krankheiten und Leiden sind häufig. Nach Ablauf der Mastperiode werden die Hühner in Plastikkisten gepackt und zum Schlachthof gefahren, wo sie per CO2 betäubt – sich dies jedoch wie ein Erstickungstod anfühlt – und dann per Kehlenschnitt getötet, entblutet, zerteilt und weiterverarbeitet werden.

Alle können nun aktiv werden

Besonders deutlich wurde bei der Veranstaltung der enorme Tatendrang unter den Anwesenden nach dem Zusammentragen aller eindeutigen Argumente und Fakten. Mehrfach kam aus dem Publikum die Frage nach den Möglichkeiten des Protests, nachdem auf Basis bisheriger Erfahrungen der Glaube in die Fürsorge von Seiten der Behörden und Ämter spürbar gering ist.

Was kann also jede Person nun tun?

  • Die BI „KW stinkt’s“ plant weitere Treffen und Aktionen. Hier können sich alle Interessierten in den Newsletter eintragen oder direkt Kontakt aufnehmen: http://www.kw-stinkts.de/kontakt/

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